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Biss Magazin über Danner


Bis zum letzten Tropfen: Die Weine von Alexander Danner wird es nie wieder geben
 

Wie ein Topwinzer seine Weinberge verlor
und jetzt die letzten Flaschen verkauft
 
Von Ludwig Fienhold
 
Weine, die keine Gefühle erzeugen, können seltsam leer bleiben. Der Sekt von Alexander Danner berührt. Er lässt uns über eine Sommerwiese laufen, beinahe wie in kindlicher Frühzeit, als wir einfach nicht nach Hause wollten, um diese sinnliche Stimmung weiter erleben zu können. Danners Sekt ist einzigartig und wurde prall mit Leben gefüllt. Ob Grauburgunder, Riesling, Chardonnay oder Rosé, die ganze Palette zeigt Charakter. Aber: Diese Weine wird es nie wieder geben. Alexander Danner hat auf tragische Weise seine Weinberge in Durbach verloren. Die gute Nachricht: Er öffnet ein letztes Mal seine Schatzkammer mit vielen Raritäten und alten Jahrgängen.
Dieser Sekt scheint nicht von dieser Welt und hat etwas Sphärisches, als ob man Spiritualität schmecken könnte. Eine solche Elastizität, Finesse und lustvolle Art erlebt man nicht oft bei einem deutschen Sekt. Die Entstehung dieser Perle ist auch ungewöhnlich: Die Assemblage aus fünf verschiedenen Rebsorten durchlebte neun Jahre auf der Hefe in der Flasche (die Mindestreife für einen Champagner beträgt 15 Monate, für einen Jahrgangschampagner drei Jahre). Das Ergebnis im Glas: Feinste Perlage mit langanhaltender Persistenz, seidig geschmeidige Textur, extraktreich und doch von schwungvoller Leichtigkeit, Duft von reifem Obst und leichten Kräuternoten. Der Preis von 22 € für diesen grandiosen Sekt erscheint grundgütig. Wir mögen den Vergleich zwischen Sekt und Champagner eigentlich nicht, aber dieser Sekt spielt für uns in jeder Kategorie ganz weit oben mit. Ein Dannerhall.

Inzwischen nehmen sich immer mehr gute Winzer, gerade die Jungen, dem in die Jahre gekommenen Müller-Thurgau an. Dieser scheinbar ergraute Langweiler wird aber längst von einigen Weingütern erstaunlich gut umgesetzt. Was aber Alexander Danner aus dem braven Müller gemacht hat, ist schon etwas ganz anderes. Derart ungewöhnlich, dichtgewoben und exaltiert kennt man die Ergebnisse aus dieser Rebsorte nicht. Der Wein begeistert mit ganz viel Stoff, Intensität, Saftigkeit und zupackender Kraft. Natural Wine at its Best. Man sollte ihn karaffieren und aus einem großen Burgunderglas trinken.
Brauchen wir einen deutschen Chardonnay? Ja, den von Danner brauchen wir. Sehr fein, blitzsauber, leise und nicht so laut wie viele der Neuen Weinwelt. Diese Eleganz und Geschmeidigkeit verführt von einem zum nächsten Glas, der Wein transportiert etwas Obst und einen Vanille-Glimmer über die Zunge, bleibt aber immer ein klarer ungeschminkter Typus dieser Spezies. Der Jahrgang 2015 gefiel uns besonders.

Einen normalen Rosé darf man von Alexander Danner nicht erwarten. Auch hier beansprucht er unsere Sinne wieder mit einem Sonderling, den er deshalb „Exot“ nennt. Der Rosé aus Pinot Noir ist ein „Sponti“ und wurde im großen Eichenfass vergoren. Die Spontanvergärung, richtig eingesetzt, entfacht einfach spannendere Aromen. Danners Rosé ist kein dünnhäutiges Tröpfchen, sondern ein richtiger Wein, fleischig, vital, kraftvoll. Die anderen Pinot Noirs von Danner sind nicht quietschig, süßlich oder gar marmeladig. Diese ewig penetrante Frucht in vielen deutschen Spätburgundern findet man bei ihm nicht, seine Rotweine sind ausgesprochen trocken und kantig. Aber eben auch tiefsinnig wie der Pinot Noir Typ 3.
Auch die Rieslinge sind so ganz anders und erfordern Erfahrung, vor allem Reife bei den Weinen und Geduld von den Weintrinkern. Das ist nichts für den schnellen Schluck auf der Terrasse, manche Rieslinge öffnen sich erst nach Stunden nach dem Entkorken der Flasche, einige benötigen viele Jahre der Lagerung. Manche bleiben ganz verschlossen, wollen oder können nicht anders. Einige irritieren durch ihre stoische Verweigerung gefallen zu wollen. Das erleben auch wir bei aller Begeisterung.
Danner ging mit seinen Weinen immer sehr viel später auf den Markt, jetzt sind vor allem gut gereifte Jahrgänge zu bekommen. Auch deshalb sind diese Weine von großer Bekömmlichkeit, ein schöner althergebrachter Begriff, der aber gleichzeitig auf das Unbehagen und die Leiden der Bauchspeicheldrüse und des Magens hinweist, den nicht wenige Weine und gerade unausgereifte Rieslinge verursachen können. Der Riesling 2015 „Vertrauen“ ist einer unserer Favoriten.

Alexander Danner in der Golden Kron in Frankfurt
Alexander Danner hat in sein Weinleben so viel hineingepackt, dass einem schwindelig wird. Den ultra-puristischen Grauburgunder (2016, Typ „Vertrauen“) schätzen wir besonders. Danner-Weine kennen keine Lagen, sondern nur Merkmale, die der Winzer persönlich damit verbindet: Vertrauen, Leidenschaft, Liebe. Das ganze System erscheint ungewohnt und zwingt zu einer neuen Orientierung. So einfach trinken geht trotzdem, dabei ein wenig nachdenken schadet aber auch nicht. Noch eine letzte Empfehlung: Der Port von Danner ist umwerfend gut, er nennt diesen Göttertrunk „Chriäse Wiin“. Seine Holzfassreife erlangte der Likörwein, der nach dem Portweinverfahren hergestellt wurde, durch die einjährige Lagerung im Barrique-Fass. Abgefüllt wurde er in lichtundurchlässigen Steingutflaschen, wodurch auf eine Zugabe von Schwefel verzichtet werden konnte.
Jürgen Fendt, der ehemalige und herausragende Sommelier unter den vielen guten Weinberatern im Drei Sterne-Restaurant Bareiss in Baiersbronn, hat eine klare Meinung zu Danners Erzeugnissen: „Das Weingut Danner bringt seit Anfang an sehr präzise, geschliffene Juwelen auf die Flasche. Mineralisch, würzige Rieslinge, saftige, trinkfreudige Burgunder-Sorten, elegante Rotweine sowie Exoten der Extraklasse. Kaum ein Weingut der Ortenau hat mich die letzten zwanzig Jahren durch solch fulminante, lagerfähige Weine beeindruckt!“ Bareiss war eine der ersten Topadressen, die sich für Danners Weine begeisterten. So sehr diese von Fachautoren und Gastronomen geschätzt wurden, die Eltern von Alexander Danner konnten mit den andersartigen Erzeugnissen nichts anfangen, hielten ihren Sohn gar für krank. Sie verkauften die Weinberge, raubten ihrem Sohn die Lebensgrundlage und sein Dasein als Winzer. Es ist erstaunlich, wie viel Kraft und Mut dennoch in ihm stecken. Genau das findet sich aber auch in seinen Weinen – und vielleicht hat er das wiederum auch von seinen Weinen gelernt.
Alexander Danner wirkt wie ein zupackender Naturbursche, ist aber vor allem ein hochsensibler Winzer mit Fingerspitzengefühl. Er hat seine Weinberge verloren und seinen Heimatort Durbach verlassen. Jetzt ist er in Gaggenau angekommen und öffnet dort seine Schatzkammer, um die letzten 70.000 Flaschen zu verkaufen, sein ganzes Kapital. Er hat kein Weingut mehr, will auch nie wieder eines haben. Die Weine und den Sekt von Danner wird es nie wieder geben. Das macht traurig, doch sollten wir froh sein, dass es sie überhaupt gegeben hat – und nun ein letztes Mal noch geben wird. Im Hotel Ritter in Durbach sind noch Danner-Weine zu haben, man sollte danach fragen. Alfred Friedrich von der Golden Kron in Frankfurt liebt den Sekt, hat aber auch noch anderes von Danner im Weinkeller.
Rein sensorisch zeichnen sich Danners Weine durch Intensität, Finesse, Würze und faunische Lustbarkeit aus. Darüber hinaus sind sie sokratische Querdenker, Anderseinwollende. Wir empfinden sie als angenehm rauschig. Kein Sprit, sondern Spiritualität. Spiritus sanctus, ein heiliger Flaschengeist. Wir sind selig.